13.2.2025
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5 Minuten

Alterssichtigkeit

Kleingedrucktes ist zunehmend schwerer zu lesen. Ihre eigenen Arme „werden zu kurz“ und die Lesebrille wird zu einem unverzichtbaren und lästigen Accessoire.

Dr. Valéry Vinzent Wittwer

Die Alterssichtigkeit macht sich gewöhnlich zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr bemerkbar. Anfangs wird das Fokussieren von der Ferne auf die Nähe immer anstrengender bis später klein geschriebene Texte nicht mehr entziffert werden können.

Wie entsteht Alterssichtigkeit?

Die sogenannte Akkommodationsfähigkeit der natürlichen Linse, d. h. die Fähigkeit der Linse, sich auf Gegenstände in verschiedenen Entfernungen zu fokussieren, nimmt mit zunehmendem Alter ab. Dieser Zustand wird als Presbyopie bezeichnet. Die genaue Ursache der Presbyopie ist bis heute unklar, die gängigste Theorie macht die nachlassende Elastizität des Linsenmaterials dafür verantwortlich.

1. Flexible Linse eines jungen Menschens (hellblau), starre Linse ab 55 Jahren (dunkelblau)
2. Akkommodationsbreite abhängig von Altersgruppen (unter 45 Jahre bis über 55 Jahre)
3. Fokus einer flexible Linse auf der Netzhaut, resp. einer starren Linse hinter der Netzhaut.

Bei den meisten Menschen treten die ersten Anzeichen von Presbyopie zwischen 45 und 55 Jahren auf. Zum Beispiel sind kleine Schriften in der Nähe nicht mehr klar erkennbar. Eine schwache Lesebrille mit einer sogenannten Addition von +1 Dioptrien schafft Abhilfe für ein entspanntes Lesen. Da die Presbyopie bis zum Alter von 60 Jahren langsam fortschreitet, muss diese Addition zunehmend verstärkt werden.

Wie funktionieren Lesebrillen?

Das Brillenglas bündelt die Lichtstrahlen so, dass näher liegende Objekte scharf auf der Netzhaut abgebildet werden. Da die natürliche Augenlinse zu Beginn der Alterssichtigkeit noch teilweise anpassen kann, ist zunächst eine Lesebrille mit +1,0 bis +1,5 Dioptrien ausreichend. Später werden stärkere Brillen mit bis zu +3 Dioptrien benötigt, um auch kleinere Texte aus nächster Nähe lesen zu können.

Wie äussert sich die Alterssichtigkeit bei Kurzsichtigen?

Kurzsichtige Menschen mit einem Sehfehler von -1 bis -2,5 Dioptrien bemerken die Alterssichtigkeit nur in abgeschwächter Form. Der kurzsichtige Mensch kann oft auch im Alter ohne Brille in der Nähe gut sehen. Er benötigt jedoch eine Sehhilfe für die Entfernung und den Zwischenbereich. Personen mit einer Kurzsichtigkeit von mehr als 3 Dioptrien können ohne Brille nur in nächster Nähe sehen und profitieren daher nur eingeschränkt von ihrer natürlichen Kurzsichtigkeit.

Wie macht sich Alterssichtigkeit bei weitsichtigen Menschen bemerkbar?

Menschen mit einer leichten Weitsichtigkeit bemerken eine verminderte Anpassungsfähigkeit früher als Menschen mit normaler Sehkraft. Sie werden daher früher eine Lesebrille benötigen. Je nach Grad der Weitsichtigkeit ist eine Brille auch für den Ferngebrauch erforderlich, z. B. um entspannt Fernzusehen oder Auto zu fahren.

Kann ich die Alterssichtigkeit durch Training bekämpfen?

Nein, aber es ist immer sinnvoll, zu Beginn der Alterssichtigkeit vorerst nur eine schwache Lesebrille zu verwenden. Dadurch kann die Restakkommodation so lange wie möglich erhalten bleiben.

Kann Alterssichtigkeit behandelt werden?

Presbyopie kann weder durch Augentraining noch mit Medikamenten aufgehalten werden. Es gibt jedoch Augentropfen, welche die Pupillen verengen und so eine bessere Tiefenschärfe ermöglichen, was die Nahsicht verbessern kann. Aufgrund von Nebenwirkungen, insbesondere reduzierte Sehschärfe bei schlechten Lichtverhältnissen und Augenreizungen durch den Wirkstoff, führen diese Augentropfen nur in Einzelfällen zu Zufriedenheit.
Die Alterssichtigkeit kann durch Augenoperationen ausgetrickst werden, wobei es verschiedene Ansätze mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen gibt.

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Wann braucht man eine Lesebrille?

Menschen, die zeitlebens ohne Brille scharf gesehen haben benötigen die Lesebrille nur zum Lesen oder Arbeiten resp. Fernsehen und Sport geht da noch immer ohne Lesebrille. Leichtgradig Kurzsichtige, die eine Brille z.B. zum Autofahren benötigen könne diese Brille zum Lesen ganz eifach ablegen und benötigen deshalb keine Lesebrille.

Wann sind Gleitsichtgläser sinnvoll?

Sogenannte Gleitsichtgläser werden so angepasst, dass die Brille nicht ständig auf- und abgesetzt werden muss. Im oberen Teil dieser Gläser befindet sich, wenn nötig, eine Korrektur für die Ferne und im unteren Teil wird eine sogenannte Nahaddition eingeschliffen. Dadurch kein ein bestehender Sehfehler für die Ferne und gleichzeitig die fehlende Akkommodation durch die Alterssichtigkeit ausgeglichen werden.

Welche Probleme können mit Gleitsichtbrillen auftreten?

Zu Beginn sind verschwommenes Sehen, Schwindel, Schulter- und Nackenschmerzen und eine schlechte Tiefenwahrnehmung normal. Diese Symptome können auch bei einer perfekt sitzenden Gleitsichtbrille auftreten. Um gefährliche Situationen zu vermeiden, sollten Sie während der Eingewöhnungsphase niemals eine Gleitsichtbrille im Strassenverkehr, beim Treppensteigen oder beim Sporttreiben, tragen. Es ist erwiesen, dass das Tragen einer Gleitsichtbrille das Unfallrisiko erheblich erhöht.
Manche Patienten können sich ihr Leben lang nicht an diese sogenannte progressive Wahrnehmung gewöhnen und sind gezwungen, eine andere Lösung für ihre Alterssichtigkeit zu finden. Es gibt verschiedene chirurgische Eingriffe, die das Sehen in der Ferne und in der Nähe ermöglichen.

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